What a Day!

8 November 2016 – Election Day in the US and A. Ein Tag, den Viele mit Spannung, Angst und auch Hoffnung erwartet haben. Mehr als ein Jahr Wahlkampf liegt hinter Amerika. Ein Jahr in dem viel gesagt, geschimpft und gehetzt wurde und wo beide Kandidaten immer wieder von sich Schlagzeilen gemacht haben. Den Menschen hier hat man in den letzten Wochen die Anspannung von Tag zu Tag mehr angesehen. Egal ob im Supermarkt, im College, in der Kirche oder beim Sport, die Frage „Who’s gonna be our next president?“ war immer allgegenwärtig. In meinem Platzierungsstaat Tennessee, der seit 1996 ein sogenannter „red state“ ist und zum „solid south“ gehört, war aber von Anfang an klar, wer hier das Rennen machen würde. Die Gespräche die ich hier hatte, waren also hauptsächlich mit Trump-Anhängern. Ziel dieser Gespräche war es, am Ende erklären zu können, was das Phänomen Donald Trump ausmacht. Wieso geben so viele Menschen einem Mann, der sich wie ein Elefant im Porzellanladen verhält, ihre Stimme? Der eine Mauer zu Mexiko bauen will, der Frauen und Mexikaner beleidigt hat und dem nachgesagt wird Frauen vergewaltigt zu haben? Ich könnte hier jetzt eine ganze Liste aufzählen mit den Dingen, die Mr. Trump gemacht hat, aber jeder, der in den letzten Wochen auch nur ein bisschen Zeitung gelesen oder Fernsehn geschaut hat, weiß, was alles passiert ist. Was ist also die Antwort auf die Frage „Why do you vote for Donald Trump?“. „I vote for Donald Trump because it’s gonna be a new experience when he becomes president, it’s a change and we don’t want anyone to be president who’s under federal investigation for using a private e-mail server“, das ist die Antwort, die ich am meisten bekommen habe. Dabei stechen vor allem ‚a new experience‘ und ‚a change‘, eine neue Erfahrung und eine Chance, heraus. Was macht das Phänomen Donald Trump also aus und wieso wählen ihn so viele? Viele Amerikaner, vor allem weiße, alte Männer, Männer ohne Collegeabschluss und Leute aus den ländlichen Regionen, sind unzufrieden mit den Dingen, die Obama eingeführt hat und fühlen sich und ihre Bedürfnisse nicht ernst genommen. Donald Trump hat ihnen das Gefühl gegeben, dass sie und ihre Bedürnisse für ihn sehr wichtig sind. Zudem sehnen sie sich danach, dass wieder ‚Zucht und Ordnung‘ in ihrem Land herrscht. Das jemand das Zepter übernimmt und „America great again“ macht. Aber nicht nur durch meine Gespräche, sondern auch durch meine Eindrücke, die ich in den letzten Wochen gewonnen habe, habe ich festgestellt, dass Donald Trump es genau versteht, wie er bestimmte Menschengruppen ansprechen muss, um sie zu erreichen. Dabei habe ich aber auch festgestellt, dass es gar nicht so schwer ist, manche Menschen mit dem was man sagt zu erreichen, weil diese Menschen grundsätzlich alles glauben, was man ihnen erzählt. Sagt man aber was, was ihrem Glauben widerspricht, wird man zurecht gewiesen und gefragt, woher man denn dieses absurde Wissen hat und dass man doch lieber einen Präsidenten wie Donald Trump hätte, anstatt eine Präsidentin, die für das, was sie getan hat, im Gefängnis sitzen müsste.

Jetzt aber zurück zum 8.11.2016 oder besser gesagt zur Nacht vom 8. auf den 9.11.2016. Mit meinen Gasteltern und deren Freunden, die alle für Hillary gestimmt haben, habe ich die ganze Nacht vor dem Fernseher verbracht. Was zunächst harmlos began, verwandelte sich innerhalb von wenigen Stunden in den Albtraum aller Demokraten. Jeder der Anwesenden war fassungslos, als es hieß, dass Florida sich für die Republikaner entschieden hat. Als es dann auch noch hieß, dass Wisconsin und Michigan ihre Stimmen vermutlich Trump geben würden, war das Entsetzen sehr groß. Als dann feststand, dass Trump das Rennen gemacht hat, waren alle nur noch sprachlos und geschockt.
Entsetzten, Enttäuschung, Angst, Wut und Unsicherheit waren deutlich zu spüren. Unsicherheit und Angst vor allem deswegen, weil man nicht weiß, ob Donald Trump seine Drohungen wahr machen wird. Beim Einkaufen gestern konnte ich aber auch eine Art Erleichterung feststellen. Erleichterung, weil der Wahlkampf, der doch sehr an den Nerven gezerrt hat, ein Ende hat.


Natürlich habe ich nicht nur mit Trump-Anhängern, sondern auch mit Hillary-Anhängern und politisch neutralen Personen geredet. Viele Trump-Gegner haben mir z.B. gesagt, dass sie Angst vor einem dritten Weltkrieg haben, wenn Trump an die Macht kommt und dass sie Angst haben, dass Amerika stark an Ansehen in der Welt verliert. Auch wurde ich oft gefragt, ob wir in Europa denken, dass die Amerikaner, aufgrund ihrer politischen Situation, verrückt sind. Einige haben auch immer wieder gesagt „Don’t blame us for our polictial situation right now, it’s a shame“ – ja, für Viele war es einfach eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Viele haben sich für beide Politiker geschämt. Nach der Wahl haben sich auch mehrere Leute bei mir für das Wahlergebnis entschuldigt und meinten, dass es ihnen sehr sehr Leid tut und wir sie dafür bitte nicht verurteilen sollen.

In Gesprächen mit Leuten in meinem Alter habe ich zu verstehen bekommen, dass sie nicht wählen gehen, weil sie keinen der Kandidaten mögen und ihre Stimme sowieso nichts ausrichten kann.
Viele hätten gerne Bernie Sanders als Kandidaten gehabt, aber leider haben ja Einige hier den Sozialismus mit Kommunismus verwechselt.


Seit meiner Ankunft bis zum heutigen Tag sind mittlerweile 100 Tage vergangen. 100 Tage in denen viel passiert ist. Was ich dabei, auf die Politik bezogen, festgestellt habe: Amerika ist sehr gespalten und die Frage ‚Wie konnte es nur so weit kommen?‘, wird nicht erst seit dem Wahlergebnis gestellt.
Was auf Amerika und die Welt zukommen wird weiß, wie schon gesagt, momentan Keiner genau. Man muss also abwarten.

Was ich aber, auch im Hinblick auf die Bundestagswahl 2017, weiß: Es bringt nichts, sich jetzt im Nachhinein zu beschweren und zu fragen, wie es so weit kommen konnte. Die Weichen hätten zu Beginn ‚richtig‘ gestellt werden müssen. Man muss jede Menschengruppe ansprechen, auch wenn das bedeutet, dass die Sprache manchmal vereinfacht werden muss. Und vor allem jungen Leuten muss klar gemacht werden, was ihre Stimme bedeutet. Denn jede nicht abgegebene Stimme ist eine Stimme zu wenig. Momentan schauen viele besorgt nach Amerika und schütteln den Kopf. Hoffen wir, dass der Rest der Welt im September 2017 nicht besorgt nach Deutschland schaut und über uns den Kopf schüttelt – Go Vote!

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